Markenvertrauen effektiv aufbauen: Warum sich mutige Entscheidungen lohnen können

Markenvertrauen effektiv aufbauen: Warum sich mutige Entscheidungen lohnen können

Vertrauen wird für Zielgruppen zunehmend wichtiger, um sich auf Marken einzulassen. Doch wie können Marketer darauf reagieren?

Veröffentlicht von Bian Salins

Angesichts der aktuellen Umstände mag es vielen als der falsche Zeitpunkt erscheinen, diese Woche auf der DMEXCO über den Aufbau vertrauenswürdiger Marken zu sprechen. Denn derzeit ist Vertrauen ein Luxus, den nur wenige genießen. Das Edelman Trust Barometer 2019 zeigt, dass ein Großteil der Bevölkerung in den meisten Ländern weder der Regierung, noch Unternehmen oder den Medien traut. Zwar interessieren sich immer mehr Personen für die aktuellen Nachrichten – 22 Prozentpunkte mehr als im vergangenen Jahr –, sie finden dort aber hauptsächlich Storys zu Unternehmensskandalen, Datenmissbrauch, politischen Krisen und Fake News. Verbraucher wenden sich daher zunehmend von Menschen und Institutionen ab, denen sie nicht vertrauen sowie von den Medien, die sie konsumieren.

Daraus sollten wir allerdings nicht schließen, dass Marken heute überhaupt nicht mehr vertraut wird und Kunden keine Beziehung mehr zu ihnen aufbauen möchten. Überraschenderweise befinden sich unter den größten Skeptikern in dieser Hinsicht genau diejenigen, die selbst Marken gestalten und repräsentieren. Laut dem jüngsten „Thought Leadership Impact“-Bericht, den LinkedIn jährlich in Zusammenarbeit mit Edelman durchführt, sind insbesondere die Gestalter von Thought-Leadership-Content weit wenigerdavon überzeugt, dass sich dieser positiv auf die Vertrauenswürdigkeit ihrer Marke auswirken könnte, als diejenigen, die ihn konsumieren. Tatsächlich glauben nur halb so viele an ihre Fähigkeit, das Vertrauen der Verbraucher gewinnen zu können, als ihre eigene Zielgruppe. Als Marketer sollten uns diese Zahlen sehr zu denken geben. Es scheint fast, als hätten wir aufgegeben, daran zu glauben, dass wir unsere Reputation und die Beziehungen, die wir knüpfen, selbst in der Hand haben.

Skepsis gegenüber Markenvertrauen ist fehl am Platz

Marketer können sich solche Zweifel nicht leisten. Denn auch wenn es Verbrauchern inzwischen schwerfällt, Marken zu finden, mit denen sie sich identifizieren können und denen sie vertrauen, bedeutet das nicht, dass sie nicht nach solchen suchen. Auf dem Weg zur vertrauenswürdigen Marke stehen wir uns also letzten Endes selbst im Weg. Denn wenn man die Daten betrachtet, sieht man, dass es deutlich mehr Chancen gibt, als man auf den ersten Blick vermuten mag. Verbraucher wollen Marken, denen sie vertrauen können. Sie haben sie vermutlich nur noch nicht gefunden.

Das Edelman Trust Barometer zeigt auch eine bemerkenswerte Ausnahme von dem vorherrschenden Misstrauen: Berufstätige vertrauen genau der Marke am meisten, für die sie arbeiten. Drei Viertel aller Arbeitnehmer weltweit vertrauen ihrem Arbeitgeber – und damit um 50 % mehr als jeder anderen Institution. Arbeitgeber gelten mit Abstand als vertrauenswürdigste Informationsquelle in Hinblick auf gesellschaftlich wichtige Themen wie Wirtschaft und Technologie.

Ein gemeinsames Ziel fördert Vertrauen

Mitarbeiter und Unternehmen verbindet im Idealfall ein gemeinsames Ziel, auf das sie hinarbeiten. Mehr als zwei Drittel aller Arbeitnehmer (67 %) geben das sogar als Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeitsverhältnis an. Laut dem Trust Barometer sind die wichtigsten Faktoren, um das Vertrauen der Mitarbeiter zu gewinnen, der Einfluss der Marke auf die Gesellschaft, die Unternehmenswerte, eine klare Zukunftsvision sowie ein erkennbarer Sinn in ihrer Arbeit.

Arbeitnehmer und Verbraucher sind also immer noch in der Lage, mindestens einem Unternehmen zu vertrauen, solange es die gleichen Werte und Vorstellungen vertritt. Und nicht nur das – sie suchen sogar aktiv danach. Jedoch stellt sich die Frage, ob sich dieses Vertrauen auch auf andere Unternehmen und Marken übertragen lässt. Können Marketer ihre Zielgruppen auf die gleiche Art ansprechen, wie es die eigenen Arbeitgeber tun?

In Vertrauen muss investiert werden

Dem „Thought Leadership Impact“-Bericht zufolge sagen 86 % der Entscheider in Unternehmen, dass Thought Leadership den Ruf einer Marke fördert und damit auch das Vertrauen in Unternehmen erhöht. LinkedIn ist für viele eine wichtige Informationsquelle, um über Marken auf dem Laufenden zu bleiben. Für LinkedIn Mitglieder ist das sogar einer der wichtigsten 5 Gründe, sich mit Inhalten auf unserer Plattform zu beschäftigen. Die „Gartner Corporate Brand“-Umfrage hat gezeigt, dass Budgetentscheidungen und das Kaufverhalten von Verbrauchern sehr stark davon abhängen, wie sehr diese sich mit einer Marke identifizieren. Hat jemand eine starke persönliche Bindung zu einer Marke, ist er mit 3,5 Mal so hoher Wahrscheinlichkeit geneigt, mehr dafür auszugeben. Vertrauensvolle Beziehungen zwischen Marke und Verbraucher sind also durchaus möglich – wenn man bereit ist, diese einzugehen.

Der Ruf einer Marke lässt sich nicht verbessern, wenn man nicht bereit ist, Zeit und Budget in deren Aufbau zu investieren. Untersuchungen von Les Binet und Peter Fieldhaben gezeigt, dass Brand Marketing und Activation Marketing auf sehr unterschiedliche Art und in abweichenden Zeitrahmen ablaufen. Eine Marke lässt sich nicht einfach durch einen hohen Grad an Sales-Aktivierung aufbauen. Nur ein bewusstes Investment in die richtigen Aktivitäten kann emotionale Reaktionen hervorrufen, die dann wiederum langfristige Bindungen erzeugen. So lässt sich nachhaltiges und langfristiges Wachstum erzielen – und der Ruf einer Marke sowie das Vertrauen in diese aufbauen.

Das Wichtigste dabei: Wer wirklich Vertrauen in eine Marke aufbauen will, muss dieses auch priorisieren. Und dafür braucht man eine Strategie, die sich daran orientiert, wie Einflussnahme heute funktioniert.

Den Ruf einer Marke beeinflussen – Die Grundregeln

Dr. Tali Sharot und ihr Team von The Affective Brain Lab haben jüngst mit der Beratungsfirma MHP den Bericht The Networked Age veröffentlicht. Darin beschreiben sie unter anderem acht psychologische Prinzipien, die sich nutzen lassen, um die Wahrnehmung Ihrer Marke zu beeinflussen. Intuition ist dabei ein wesentlicher Faktor – ebenso wie die Tatsache, dass wir uns mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit von Personen beeinflussen lassen, die wir als Experten wahrnehmen und die unsere Werte teilen. Ein weiteres wichtiges Element dieser Prinzipien ist, dass wir dazu neigen, die Ansichten unseres Umfelds zu spiegeln und gezielt Personen suchen, die unser Weltbild teilen. Dies muss beachtet werden, wenn Marken Zielgruppen ansprechen und Vertrauen zu diesen aufbauen möchten.

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich zwei offensichtliche Schlussfolgerungen in Bezug auf vertrauenswürdige Marken ziehen. Sie muss menschlich sein und durch authentische und glaubwürdige Personen repräsentiert werden. Außerdem muss die Marke klar definierte Werte und Ziele vermitteln. Sie muss für etwas einstehen – dazu gehört auch, den Mut zu haben, gegen etwas zu stehen.

Mit Influencern eine menschliche Marke aufbauen

Die menschliche Seite einer Marke lässt sich durch drei verschiedene Arten von Influencern zeigen: Zum einen durch die Mitarbeiter, die die Wertvorstellungen des Unternehmens teilen und sich darüber mit Branchenkollegen austauschen. Zum anderen durch Experten aus dem Unternehmen, die zwar keine große Reichweite, dafür aber eine hohe Glaubwürdigkeit aufweisen. Zu guter Letzt durch Führungskräfte, deren Potenzial als Markenbotschafter nach wie vor am wenigsten genutzt wird.

Das Edelman Trust Barometer zeigt, dass Menschen eher Geschäftsführern als Politikern oder Regierungschefs vertrauen, wenn es darum geht, das Richtige zu tun. Führungskräfte sind für ihr Unternehmen ein wichtiger Faktor, was das Vertrauen der Mitarbeiter betrifft. 71 % der Arbeitnehmer halten es beispielsweise für extrem wichtig, dass sich ihr Geschäftsführer zu wichtigen Themen positioniert und danach handelt. Dabei geht es nicht nur um den eigenen Chef. 76 % erwarten, dass Führungskräfte aus der Wirtschaft den Wandel bei kritischen Themen wie Vorurteilen, Diskriminierung, Umweltschutz und Zukunftsplanung anstoßen, anstatt darauf zu warten, dass die Regierung eine Richtung vorgibt. Vor einem Jahr waren es noch 11 % weniger.

Die wachsende Bedeutung von CEOs als Vertrauensbotschafter zeigt sich auch auf LinkedIn. Führende Wirtschaftskräfte wie Satya Nadella von Microsoft oder Ben van Beurden von Shell äußern sich regelmäßig auf LinkedIn, sei es in Form von Artikeln oder kurzen Updates und Kommentaren zu aktuellen Themen. So vermitteln sie Authentizität, wirken menschlicher und vermitteln ihre Werte. Dies wirkt sich auch stark auf die Wahrnehmung ihrer Marke aus.

Glaubwürdigkeit ist das A und O

Die Strategie, eine Marke mit einem menschlichen Ansatz aufzubauen, orientiert sich in vielerlei Hinsicht an den oben beschriebenen Prinzipien, wie sich Menschen beeinflussen lassen. Entscheidend hierbei sind das intuitive Urteilen der Verbraucher sowie ihre Offenheit gegenüber Personen, die sie für Experten halten. Allerdings entfalten diese nur dann ihr volles Potenzial, wenn Verbraucher die Unternehmenswerte auch teilen. Für Marken bedeutet das, für gewisse Werte einstehen zu müssen und diese glaubhaft zu vermitteln, auch wenn sie nicht zwangsläufig von allen geteilt werden. Das ist natürlich mit gewissen Risiken verbunden und erfordert daher viel Mut.

Unternehmensmarken heben sich weit weniger voneinander ab, als wir es gemeinhin annehmen. Nur 29 % der Befragten in der „Gartner’s Corporate Brand“-Umfrage konnten Marken nennen, die sich erheblich von ihrer Konkurrenz unterscheiden. Das liegt hauptsächlich an der mangelnden Bereitschaft von Unternehmen, für bestimmte Werte einzustehen bzw. sich davon abzugrenzen. Wenn wir uns die Daten zu Vertrauen und Einfluss genauer ansehen, ist es aber genau das, was den Ruf einer Marke ausmacht.

Ein anschauliches Beispiel dafür liefert die Kampagne von Nike mit Colin Kaepernick. Der Konzern stellte sich damit auf die Seite des NFL-Spielers, der sich während der Nationalhymne hinkniete, um gegen Polizeibrutalität und Rassendiskriminierung zu protestieren. Die meisten Marken würden davor zurückschrecken, bei einem sensiblen Thema offen Partei zu ergreifen. Viele Amerikaner, einschließlich des Präsidenten, sahen den Protest als unpatriotisch und als Beleidigung gegenüber Veteranen an. Bei Nike war man sich darüber im Klaren, dass sich die Marke durch die Kampagne Gegenwind einhandeln würde. Und tatsächlich ließen viele Kunden ihrem Ärger freien Lauf, indem sie auf Social Media zeigten, wie sie Produkte von Nike verbrannten. Die Kampagne führte also dazu, dass ein nicht unerheblicher Teil der Kundenbasis begann, die Marke zu boykottieren.

Dennoch konnte Nike durch die klare Positionierung ihren Ruf bei denjenigen stärken, die sich mit diesen Werten identifizieren, und somit das Vertrauen und den Einfluss deutlich steigern. Das stärkere Vertrauen und der dazugewonnene Markenwert sorgten dafür, dass der Umsatz des Unternehmens um 6,38 Milliarden Dollar stieg und der Aktienkurs um 6,25 % zulegte.

Die Kampagne verdeutlicht, welches Risiko eine eindeutige Positionierung bedeutet. Bei Nike wusste man, dass sich viele Kunden nicht nur von der Marke abwenden, sondern sogar öffentlich gegen sie stellen würden. In der heutigen Zeit ist es allerdings unerlässlich, die Möglichkeit zu nutzen, eine eindeutige Position zu beziehen, um wirklich glaubwürdig zu sein und Menschen zu erreichen, die die eigenen Werte teilen.

Umfeld und Zielgruppe müssen stimmen

Es kommt nicht nur darauf an, eine vertrauenswürdige Marke aufzubauen und die richtige Person als Markenbotschafter auszuwählen. Wenn Sie Personen erreichen möchten, die offen dafür sind, sich ansprechen zu lassen und sich mit Ihren Werten zu identifizieren, müssen Sie sich auch vergewissern, dass dies im richtigen Umfeld geschieht. Für viele Unternehmen und Marken bietet LinkedIn dieses Umfeld.

LinkedIn ist laut dem „Business Insider’s Digital Trust“-Bericht die Social-Media-Plattform, die mit Abstand das größte Vertrauen genießt. Außerdem sind die Mitglieder hier deutlich aufgeschlossener dafür, Vertrauen aufzubauen. Das Edelman Trust Barometer zeigt eine beachtliche Vertrauenslücke zwischen dem Teil der Bevölkerung, der angibt, allgemein wenig Vertrauen in Institutionen aufzubauen und dem Teil der so genannten „informierten Öffentlichkeit“. Diese Mitglieder verfügen über einen Hochschulabschluss und folgen aktiv dem aktuellen Nachrichtengeschehen. Außerdem gehören sie zu den am besten verdienenden 25 % ihres Landes und sind generell offener dafür, Unternehmen und Marken zu vertrauen. Diese Personen finden sich mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auf LinkedIn.

Die größte Stärke von LinkedIn als Plattform zum Aufbau von Markenvertrauen liegt allerdings woanders. Marken haben hier die Möglichkeit, ihre einflussreichsten Fürsprecher zu Wort kommen zu lassen: Kunden, Mitarbeiter und andere Interessensvertreter. Hier bietet sich ein Umfeld, in dem sich Mitarbeiter ausführlich über ihr Unternehmen austauschen können, Zielgruppen offen für Expertenmeinungen sind und CEOs als Influencer agieren.

In der heutigen Zeit, in der Fake News, politische Auseinandersetzungen und Misstrauen gegenüber Institutionen und Plattformen an der Tagesordnung stehen, ist es deutlich schwieriger als früher, sich als vertrauenswürdige Marke zu positionieren. Marketer müssen daher bereit sein, wichtige Chancen zu erkennen und genug Mut aufbringen, um diese auch zu nutzen.