Wir können die Zukunft nicht vorhersehen – aber wir können sie gestalten
17 Prognosen zu folgenden Themen:
Personalentscheider:innen stehen derzeit vor großen Herausforderungen. Während die wirtschaftliche Lage unsicher bleibt und neue Trends die Arbeitswelt beeinflussen, haben sie nun die Gelegenheit, in ihren Unternehmen wichtige Veränderungen anzustoßen. Dazu benötigen sie effektive Strategien, Anpassungsfähigkeit und ein gutes Verständnis ihrer Mitarbeiter:innen und Kandidat:innen: Welche Ziele haben sie? Über welche Kompetenzen verfügen sie? Wie können sie sich im Unternehmen weiterentwickeln?
Für diesen Report haben wir Interviews mit Personalentscheider:innen aus aller Welt geführt und LinkedIn Datenpunkte analysiert. Basierend auf unseren Erkenntnissen konnten wir 17 Prognosen zur Zukunft des Recruitings aufstellen.
Die Rolle des Recruitings
Die Rolle des Recruitings ↓
Prognose 1 | Die Rolle des Recruitings
Personalgewinnungsteams werden entscheidende Veränderungen anstoßen
Die Auswirkungen der Pandemie und der damit einhergehenden Umstrukturierungen sind auch in der Personalgewinnung zu spüren. Personalteams gehen heute definitiv strategischer vor und 70 % der Befragten bestätigen, dass ihr Team Einfluss auf die Entscheidungen der Unternehmensführung hat.
Brett Baumoel von Microsoft zufolge sind leitende Personaler:innen heute sogar in der Position, grundlegende strategische Veränderungen zu bewirken.
Sie arbeiten immer enger mit der Unternehmensführung zusammen, um gemeinsam mit ihrem:ihrer CFO, CMO und CLO über Gehälter zu verhandeln, an der Arbeitgebermarke zu feilen oder um Wege zu finden, kritische Kompetenzlücken zu füllen.
Personaler:innen haben heute mehr Einfluss denn je. Früher hörte man von ihnen Aussagen wie: ‚Die von mir eingestellten Mitarbeiter:innen haben unser Unternehmen vorangebracht.‘ Heute klingt das so: ‚Ich habe strukturelle Veränderungen angestoßen, ein neues Arbeitsmodell eingeführt, neue Kriterien für die Personalsuche eingebracht und unseren Personalgewinnungsprozess optimiert.‘“
Brett Baumoel
VP of Global TA, Engineering bei Microsoft
Prognose 2 | Die Rolle des Recruitings
Recruiter:innen erhalten mehr Mitspracherecht bei Gehaltsfragen
Die Inflationsrate steigt, die Reallöhne stagnieren und der Arbeitsmarkt bleibt stark umkämpft. Bedenkt man zusätzlich, dass das Gehalt aktuell für Jobsuchende weltweit oberste Priorität hat, wird klar, wie dringend sich etwas ändern muss.
Recruitingteams, Finanzentscheider:innen und DEI-Beauftragte müssen sich enger abstimmen und Gehaltsfragen gemeinsam klären – auch deshalb, weil Gehälter immer transparenter werden. Personalentscheider:innen, die das jetzt thematisieren, können ihren Unternehmen damit einen entscheidenden Vorsprung verschaffen.
Leitende Personaler:innen haben die umfassendsten Einblicke in die Prioritäten ihrer Kandidat:innen, die Dynamik des Arbeitsmarkts und die aktuelle Performance ihrer Personalgewinnungsstrategie. Damit sind sie in der besten Position, um die Diskussion über Gehälter und ihre Auswirkungen auf das Unternehmen anzustoßen – etwa indem sie sich für neue Kompensationsmodelle auf Kompetenzbasis einsetzen oder sich für Gehaltserhöhungen zum Ausgleich der Inflation stark machen und so die Abwanderung ihrer besten Mitarbeiter:innen verhindern.
Früher war ich als Personaler stolz, wenn ich ein Gehalt unter dem Marktdurchschnitt oder dem vorab genehmigten Betrag aushandeln konnte. Heute schäme ich mich dafür, dass ich das getan habe. Hier besteht von Anfang an das Risiko, dass andere Unternehmen das Talent mit einem besseren Angebot abwerben. Es ist unsere Pflicht, diese Zusammenhänge aufzuzeigen und dafür zu sorgen, dass sie in der Vergütungsstrategie unseres Unternehmens berücksichtigt werden.“
John Vlastelica
CEO bei Recruiting Toolbox
Prognose 3 | Die Rolle des Recruitings
Recruiter:innen werden dem erhöhten Druck durch Jobsuchende mit Investitionen in das Employer Branding begegnen
Personalentscheider:innen sind sich der Tatsache bewusst, dass der Arbeitsmarkt trotz des Rückgangs an Neueinstellungen nach wie vor stark umkämpft ist. Während ein solcher Rückgang normalerweise die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer:innen schwächt, gehen Recruiter:innen davon aus, dass sich diese Dynamik künftig tatsächlich in die entgegengesetzte Richtung bewegen wird: 64 % erwarten, dass in den kommenden fünf Jahren nicht die Arbeitgeber, sondern Kandidat:innen und Mitarbeiter:innen den Ton angeben werden.
Auch deshalb ist ein attraktives und klar kommuniziertes Arbeitgeberversprechen heute wichtiger denn je. Während allgemein mit schrumpfenden oder stagnierenden Recruitingbudgets gerechnet wird, bleibt ein Aspekt, für den die Mehrheit der Personaler:innen steigende Investitionen erwartet: das Employer Branding. Damit diese Investitionen Früchte tragen, sind jedoch zwei Voraussetzungen zu erfüllen. Sie müssen die Prioritäten Ihrer Kandidat:innen kennen und auf authentische Weise auf sie eingehen.
Beim Employer Branding – sprich der Art und Weise, wie Sie Ihre Unternehmenskultur nach außen tragen, um neue Mitarbeiter:innen zu gewinnen und zu halten – zählen Details und Authentizität. Jobsuchende lassen sich hier nichts vormachen. Sie geben sich nicht mit den Informationen auf Ihrer Karriereseite zufrieden, sondern nutzen ihre Netzwerke, um echte, authentische Einblicke in Ihr Unternehmen zu erhalten.“
John Graham Jr.
VP of Employer Brand, Diversity, & Culture bei Shaker Recruitment Marketing
Prognose 4 | Die Rolle des Recruitings
Soft Skills: Recruiter:innen werden neue strategische Kompetenzen benötigen
Die Kompetenzanforderungen von Unternehmen ändern sich rapide. Ryan Roslansky, CEO von LinkedIn, bringt es auf den Punkt: „Selbst wenn Sie im gleichen Job bleiben, bleibt dieser wahrscheinlich nicht der gleiche.“ Das gilt auch für Recruitingteams.
Anpassungsfähigkeit, Problemlösungskompetenzen und unternehmerisches Denken sind drei der fünf Soft Skills, die für Personaler:innen künftig am wichtigsten sein werden. Die zunehmend strategische Rolle der Personalentscheider:innen verlangt von ihnen, sich flexibel anzupassen und ihre eigene Vorgehensweise an den übergeordneten Unternehmenszielen auszurichten.
Zudem erfordert ein neuer Fokus auf kompetenzbasiertes Recruiting, dass sich Personalteams mit der Frage befassen, welche Kenntnisse aktuell am gefragtesten sind – im Unternehmen insgesamt und auch in ihrem Team.
Personaler:innen müssen Fragen stellen können und genau verstehen, was von ihnen erwartet wird und in welchem Zusammenhang das mit den übergeordneten Unternehmenszielen steht.“
Lars Schmidt
Gründer von Amplify
Prognose 5 | Die Rolle des Recruitings
Recruitingteams werden enger mit Personalentwicklungsteams zusammenarbeiten
Die Grenzen zwischen den einst getrennten Bereichen Recruiting und Personalentwicklung werden durchlässiger. Während bereits drei von fünf Recruiter:innen (62 %) angeben, sich eng mit ihrem Personalentwicklungsteam abzustimmen, ist ein noch größerer Prozentsatz der Ansicht, dass ihre Zusammenarbeit noch nicht eng genug ist.
Angesichts neuer Schwerpunkte bei der Personalgewinnung – seien es interne Mobilität, kompetenzbasiertes Recruiting oder die Stärkung der Personalbindung – brauchen leitende Recruiter:innen die Unterstützung der Personalentwicklungsteams, um Mitarbeiter:innen effektiv auf neue Rollen vorbereiten, Kompetenzlücken identifizieren und Beschäftigten eine persönliche und berufliche Weiterentwicklung ermöglichen zu können.
Das deckt sich auch mit den Aussagen von Personalentwickler:innen: 47 % geben an, dieses Jahr intensiver mit Recruiter:innen zusammenzuarbeiten, so die Erkenntnisse des Workplace Learning Reports 2023 von LinkedIn Learning. Außerdem hat für sie dieses Jahr Priorität, ihre Weiterbildungsprogramme auf die Unternehmensziele abzustimmen. Hier kann ihnen das Recruitingteam dabei helfen, die Kompetenzen zu identifizieren, die aktuell am dringendsten benötigt werden.
Da aktuell weniger Neueinstellungen getätigt werden, ist jetzt der richtige Zeitpunkt für Unternehmen, um ihre Personalstrategien zu überarbeiten, etwaige Lücken aufzudecken und zu prüfen, wie sie diese intern füllen können.“
Elsa Zambrana
SVP, Talent & Culture bei NXP Semiconductors
Prognose 6 | Die Rolle des Recruitings
Dank generativer KI werden sich Recruiter:innen stärker auf persönliche Aspekte konzentrieren können
Generative KI, also Tools wie ChatGPT, die selbstständig Content erstellen können, ist eine faszinierende neue Technologie, die auch für das Recruiting großes Potenzial verspricht. Viele Personalprofis sind davon überzeugt, dass ihnen generative KI dabei helfen kann, zeitaufwendige Aufgaben, wie das Formulieren von Jobbeschreibungen oder personalisierten Nachrichten, zu beschleunigen.
Während zwei Drittel (68 %) der im Februar 2023 befragten Recruiter:innen* angaben, den Vorteilen generativer KI für das Recruiting „sehr optimistisch“ oder „verhalten optimistisch“ gegenüberzustehen, stuft sich Recruiting-Influencer Glen Cathey sogar als „verhalten begeistert“ ein. Er ist davon überzeugt, dass Recruiter:innen mithilfe generativer KI sehr viel Zeit sparen und sich auf die persönlichen Aspekte ihres Jobs konzentrieren können – also darauf, Kandidat:innen zuzuhören, ihre Bedürfnisse zu verstehen und ihnen dabei zu helfen, geeignete neue Jobs zu finden.
Während generative KI zwar bei der Erstellung von Inhalten helfen kann, brauchen wir weiterhin Personen mit der richtigen Expertise, die diese Inhalte sorgfältig überprüfen und den Feinschliff vornehmen. Glen Cathey zieht einen Vergleich zum autonomen Fahren und sagt, man müsse „weiterhin die Hände am Steuer lassen“. „Wir sind noch nicht in der Phase angelangt, in der wir das Lenkrad loslassen können, und wir sind ganz sicher noch nicht an den Punkt gekommen, dass wir hinter dem Steuer kurz einmal die Augen schließen können.“
In absehbarer Zeit werden Recruiter:innen unverzichtbar bleiben. Menschlichkeit ist und bleibt ein wichtiger Faktor, gerade im Fall schwer zu besetzender Positionen, und im Mittelpunkt steht dabei vor allem Empathie. Gute Recruiter:innen präsentieren Jobs und Unternehmen auf so überzeugende Weise, dass Jobsuchende sich dort arbeiten sehen können. Sie vermitteln mehr als eine Website oder Jobbeschreibung je kommunizieren könnten.“
Glen Cathey
SVP, Workforce Advisory & Digital Strategybei Randstad
*Hinweis: Diese Ergebnisse stammen aus einer kleineren Umfrage, die sich von den übrigen Umfrageergebnissen in diesem Report unterscheidet. An dieser kleineren Umfrage haben mehr als 225 Personalverantwortliche in den USA teilgenommen. Aufgrund der geringeren Stichprobengröße sollten diese Ergebnisse als Richtwerte verstanden werden.
Wirtschaftliche Unsicherheit
Wirtschaftliche Unsicherheit
Prognose 7 | Wirtschaftliche Unsicherheit
Trotz Rückgängen bei Neueinstellungen werden Arbeitgeber auf die Förderung einer diversen Belegschaft setzen
In Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen wäre fast zu erwarten, dass die Bemühungen zur Diversifizierung der Belegschaft seitens der Arbeitgeber nachlassen. Glücklicherweise ist das nicht der Fall.
Obwohl Personaler:innen mehrheitlich bestätigen, dass die Neueinstellungen aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage zurückgegangen sind, sagen drei von vier Befragten, dass dies keine Depriorisierung ihrer DEI-Initiativen (Diversity, Equity und Inclusion) bedeutete. Tatsächlich gaben fast 20 % an, dass diese für ihr Unternehmen sogar noch wichtiger geworden seien.
Während die Förderung von DEI bereits seit Jahrzehnten thematisiert wird, kam 2020 Bewegung in die Debatte, als zahlreiche Unternehmen verkündeten, Fortschritte in Bezug auf Diversität machen zu wollen. Inwiefern tatsächlich auf diese Ziele hingearbeitet wird, ist derzeit noch offen, und eine gewisse Skepsis gegenüber diesen Umfrageergebnissen ist sicherlich nachvollziehbar. Doch Arbeitnehmer:innen, Kandidat:innen und Verbraucher:innen werden Unternehmen in diesem Punkt zur Verantwortung ziehen.
Für die nächste Generation an Arbeitnehmer:innen haben Diversity, Equity und Inclusion Priorität. Sie erwarten, dass sie sich mit ihren Vorgesetzten identifizieren können und sich ihr Unternehmen langfristig für DEI einsetzt, nicht nur in Zeiten einer gesellschaftlichen Krise.“
Dr. Tana M. Session
DEI-Strategin
Prognose 8 | Wirtschaftliche Unsicherheit
Arbeitgeber werden aus Gründen der Absicherung vermehrt freie Mitarbeiter:innen einstellen
Die zunehmende wirtschaftliche Ungewissheit erfordert von Unternehmen, dass sie agiler werden und schneller auf unerwartete Marktveränderungen reagieren können. Deshalb werden Arbeitgeber möglicherweise stärker auf flexible Beschäftigungsformen wie die freie Mitarbeit oder Zeitarbeit setzen, um bedarfsbasiert auf Arbeitskräfte zugreifen zu können.
In den USA steigt die Anzahl der Stellenanzeigen für zeitlich befristete Beschäftigungen beispielsweise deutlich schneller an als die Zahl der ausgeschriebenen Vollzeitstellen, die relativ stabil bleibt. (Hinweis: „Befristete Beschäftigungen“ bezieht sich hier auf Verträge mit Unternehmen über eine zeitlich befristete Zusammenarbeit in Teil- oder Vollzeit.)
Diese Dynamik lässt sich auch bei Personalteams selbst beobachten, wobei das Verhältnis hier ausgewogener zu sein scheint: In 22 % der Unternehmen wird dieses Jahr (verglichen mit dem vergangenen Jahr) mit steigenden Ausgaben für fest angestellte Recruiter:innen gerechnet, während in 23 % höhere Ausgaben für externe Personalagenturen erwartet werden.
Für Personalentscheider:innen bedeutet ein Mangel an flexiblen Beschäftigungsverhältnissen aktuell, dass sie zusätzlichen Risiken ausgesetzt sind – ganz gleich, ob die Zukunft positive oder negative Entwicklungen bereithält. Unternehmen müssen über eine gewisse Flexibilität verfügen, damit sie bedarfsorientiert entscheiden können.“
Stephen Lochhead
SVP of Global Talent Acquisition bei Expedia
Employer Branding
Employer Branding
Prognose 9 | Employer Branding
Unternehmen werden die Prioritäten von Kandidat:innen stärker berücksichtigen
Die Situation auf dem Arbeitsmarkt bleibt weiter angespannt und es ist zu erwarten, dass Kandidat:innen über die kommenden fünf Jahre hinweg die Oberhand behalten werden. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, werden Unternehmen daher am Employer Branding ansetzen und dieses auf die Bedürfnisse der Kandidat:innen abstimmen müssen.
LinkedIn fragt monatlich 20.000 Mitglieder, von welchen Faktoren sie derzeit einen Jobwechsel abhängig machen würden. Aktuell sind Kandidat:innen gute Gehälter und Zusatzleistungen mit Abstand am wichtigsten, gefolgt von einer ausgewogenen Work-Life-Balance und flexiblen Arbeitsmodellen. Vergütung und Flexibilität sind außerdem auch die Faktoren, die Jahr für Jahr am deutlichsten an Bedeutung gewinnen.
Attraktives Employer Branding zeichnet sich sicherlich durch mehr aus als durch angemessene Vergütung und flexible Arbeitsmodelle. Doch auch wenn Sie sich damit vielleicht keinen Wettbewerbsvorteil sichern können, sollten Sie das Gewicht, das diese zwei Faktoren für Kandidat:innen haben, nicht unterschätzen.
Ein gutes Gehalt, eine ausgewogene Work-Life-Balance und Flexibilität – das sind wichtige Bedürfnisse, die wir natürlich erfüllen. Ehrlich gesagt hilft uns das aber nicht, uns von anderen Unternehmen abzuheben. Auf dem heutigen Arbeitsmarkt gilt das als selbstverständlich. Deshalb konzentrieren wir uns bei unserem Employer Branding darauf, hervorzuheben, was uns von anderen Unternehmen unterscheidet.“
Michaela Schütt
SVP, Head of Global Talent Acquisition bei Siemens
Prognose 10 | Employer Branding
Personaler:innen werden offene Stellen künftig anders präsentieren
Wir wissen nun, was sich Kandidat:innen von Arbeitgebern wünschen. Doch deckt sich das auch mit dem Bild, das diese von ihren Kandidat:innen haben?
Um das in Erfahrung zu bringen, haben wir 2.000 Personaler:innen dieselbe Frage gestellt, die uns zuvor 20.000 Kandidat:innen beantwortet haben. Wir fragten sie nach den wichtigsten Prioritäten von Jobsuchenden. Beim Vergleich der Antworten zeigten sich einige interessante Unterschiede.
Recruiter:innen tendieren dazu, sich auf die wichtigsten Prioritäten zu konzentrieren und dabei weniger wichtige, aber dennoch entscheidende Faktoren zu vernachlässigen. Tatsächlich sind die Präferenzen von Kandidat:innen vielfältiger und gleichmäßiger verteilt, als eine einfache Rangliste vermuten lässt.
Statt sich auf die Details Ihres flexiblen Arbeitsmodells zu versteifen, sollten Sie sich somit vielmehr auf Ihr übergeordnetes Ziel – glückliche und motivierte Mitarbeiter:innen – konzentrieren und andere Aspekte Ihrer Unternehmenskultur nicht vernachlässigen, die diese Zufriedenheit stärken können. Zeigen Sie Kandidat:innen außerdem nicht nur, wie sie innerhalb Ihres Unternehmens aufsteigen können, sondern wie sie die Weiterbildungsmöglichkeiten, die Sie ihnen bieten, beruflich voranbringen – sei es in Ihrem oder in einem anderen Unternehmen.
Wenn sich die Wirtschaft erholt, wird der Wettbewerb um die besten Talente schnell wieder anziehen. Bis dahin sollten Unternehmen geklärt haben, wie sie ihre Arbeitgebermarke positionieren und, wichtiger noch, wie sie sie nach außen tragen möchten.“
Marc-Etienne Julien
Chief Talent Officer bei Randstad Global
Prognose 11 | Employer Branding
Die Generation Z wird es zu Arbeitgebern ziehen, die Weiterentwicklung und Diversität großschreiben
Arbeitnehmer:innen, die nach 1996 geboren sind und somit der Generation Z angehören, machen bereits einen wichtigen Teil der Arbeitnehmerschaft aus. Viele stehen noch am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn und das spiegelt sich in ihren Prioritäten wider.
Diese unterscheiden sich deutlich von jenen ihrer Eltern, der Generation X. Angehörige der Generation Z legen sehr viel Wert auf ihre berufliche Weiterentwicklung und den Erwerb neuer Kompetenzen: Die Wahrscheinlichkeit, dass ihnen diese Faktoren wichtig sind, liegt bei ihnen knapp 50 % höher als bei der Generation ihrer Eltern.
Außerdem legen junge Menschen deutlich mehr Wert auf ein inklusives Arbeitsumfeld.
Fast 50 % unserer Belegschaft gehören der Generation Z an und wir haben gelernt, ihre Arbeitsweisen zu respektieren und uns an sie anzupassen. Diese Generation lebt nicht, um zu arbeiten, sie hält nichts von Unternehmensjargon und erwartet faire Gehälter.“
Ruben Santos
HR Strategy & Program Lead for HR Europe & Indonesia bei Ahold Delhaize
Kompetenzbasiertes Recruiting
Kompetenzbasiertes Recruiting
Prognose 12 | Kompetenzbasiertes Recruiting
Kompetenzbasiertes Recruiting wird zur Norm werden
Langsam aber sicher gehen immer mehr Unternehmen zum kompetenzbasierten Recruiting über. Das bedeutet, dass sie neue Mitarbeiter:innen aufgrund ihrer Kompetenzen einstellen und nicht, weil sie an einer namhaften Universität studiert oder zuvor für ein bekanntes Unternehmen gearbeitet haben.
Seit 2019 ist die Anzahl der Suchanfragen auf LinkedIn, bei denen gezielt nach bestimmten Kompetenzen gefiltert wird, um 25 % gestiegen. Außerdem filtern Recruiter:innen mittlerweile häufiger nach Skills als nach Berufserfahrung: Die Wahrscheinlichkeit liegt um 50 % höher.
Die Zukunft der Personalgewinnung scheint im kompetenzbasierten Recruiting zu liegen. Drei Viertel der Personaler:innen geben an, dass dies eine der Prioritäten ihres Unternehmens sein wird. Gleichzeitig fühlen sich aktuell nur 64 % der Befragten im Stande, die Kompetenzen von Kandidat:innen richtig einzuschätzen. Offensichtlich haben Unternehmen hier in den kommenden Jahren noch einiges aufzuholen.
Wie werden wir besser darin, gezielt Talente mit den benötigten Kompetenzen zu suchen? Für Personaler:innen zählte bisher vor allem, offene Stellen schnell zu besetzen. Sie kopierten Stellenbeschreibungen, ohne wirklich zu prüfen, was der Job umfasst und welche Kenntnisse er erfordert. Das ändert sich nun.“
Jennifer Paylor
VP, Head of Global Talent Innovation & Skills Transformation bei Capgemini
Prognose 13 | Kompetenzbasiertes Recruiting
Mit kompetenzbasiertem Recruiting lassen sich auch Talente finden, die andernfalls übersehen werden
Falls Sie noch Zweifel haben sollten, sehen Sie es einmal so: Indem Sie offener gegenüber Kandidat:innen werden, die nicht die vorausgesetzte Schulbildung vorweisen können, bringen Sie automatisch deutlich mehr Diversität in Ihre Belegschaft.
Immer mehr Expert:innen sind der Ansicht, dass dies eine der effektivsten Möglichkeiten für die Förderung von Diversität am Arbeitsplatz darstellt. Angehörige von Minderheiten haben tendenziell weniger Chancen auf Bildung. Das heißt aber nicht automatisch, dass sie auch nicht über die erforderlichen Kenntnisse oder über Potenzial verfügen. Studien zeigen, dass Arbeitnehmer:innen, die zwar nicht über die erforderlichen Qualifikationen, dafür aber über Berufserfahrung verfügen, bei wichtigen Kennzahlen wie Produktivität fast genauso gut abschneiden.
In den USA wird heute in einer von fünf Stellenanzeigen keine vierjährige College-Ausbildung mehr gefordert. Expert:innen gehen davon aus, dass diese Zahl weiter steigen wird. Schließlich legen immer mehr Arbeitgeber Wert auf eine diverse Belegschaft, deren Mitglieder unterschiedlichste Perspektiven in das Unternehmen einbringen können.
Kandidat:innen mit weniger geradlinigen Lebensläufen können vielleicht keine Stationen bei namhaften Institutionen vorweisen. Doch auch staatliche Tech-Colleges bringen vielversprechende Nachwuchstalente hervor und diese werden von großen Unternehmen schlichtweg ignoriert."
Clyde Seepersad
SVP & GM, Training & Certification bei The Linux Foundation
Prognose 14 | Kompetenzbasiertes Recruiting
Arbeitgeber werden sich darauf konzentrieren, die Kompetenzen ihrer Mitarbeiter:innen (und potenzielle Lücken) zu erfassen
Heute ist es entscheidend, dass Unternehmen einen genauen Überblick darüber gewinnen, über welche Kompetenzen ihre Mitarbeiter:innen verfügen und wo es Lücken zu füllen gilt. Zukunftsorientierte Arbeitgeber halten fest, über welche Kenntnisse ihre Mitarbeiter:innen verfügen und welche Kompetenzen für bestimmte Positionen erforderlich sind.
Ganze 94 % der befragten Personaler:innen sehen Einblicke in die Kompetenzen von Beschäftigten als Voraussetzung für fundierte Personalentscheidungen. Dennoch gaben nur 84 % an, dass dies aktuell eine Priorität in ihrem Unternehmen sei.
Je besser Sie die Kompetenzen Ihrer Belegschaft kennen, desto präziser können Sie etwaige Lücken adressieren. Außerdem wird es Ihnen leichter fallen, passende interne Kandidat:innen für offene Stellen zu finden. Und umgekehrt können Ihre Mitarbeiter:innen besser beurteilen, inwiefern sie für eine bestimmte Position qualifiziert sind.
Dafür muss allerdings klar dokumentiert werden, welche Kompetenzen als Voraussetzung für eine Rolle gelten und welche optional sind.
Eine kompetenzbasierte Strategie zu verfolgen, bedeutet auch, sich nicht allein auf die Personalsuche zu konzentrieren, sondern das große Ganze im Blick zu haben. Dazu gilt es zunächst, den Kompetenzbedarf Ihres Unternehmens zu bestimmen. Als Nächstes prüfen Sie, über welche Kompetenzen Ihre Beschäftigten bereits verfügen, welche sie sich aneignen können und für welche Aufgaben Sie neue Mitarbeiter:innen einstellen müssen. Darauf basierend bauen Sie dann Ihre Personalstrategie auf.“
Jennifer Shappley
Head of Talent Acquisition bei LinkedIn
Interne Mobilität und Weiterbildung
Interne Mobilität und Weiterbildung
Prognose 15 | Interne Mobilität und Weiterbildung
Führungskräfte werden die Vorteile der Besetzung offener Stellen mit internen Talenten erkennen
Ihr nächstes neues Teammitglied arbeitet vielleicht bereits für Ihr Unternehmen. Schließlich führt die unsichere wirtschaftliche Lage dazu, dass offene Stellen verstärkt intern besetzt werden müssen. 75 % der Personaler:innen gehen davon aus, dass die interne Personalgewinnung in den kommenden fünf Jahren eine entscheidende Rolle im Recruiting spielen wird.
Interne Mobilität bringt große Vorteile mit sich. Sie stärkt zum Beispiel die Personalbindung. LinkedIn Daten zeigen, dass Mitarbeiter:innen von Unternehmen mit hoher interner Mobilität fast 2-mal länger bei ihrem Arbeitgeber bleiben.
Gleichzeitig lassen die Zahlen vermuten, dass die Förderung der internen Mobilität den Personalteams übertragen wird. Personaler:innen kennen den Kompetenzbedarf ihres Unternehmens, sie sind darin ausgebildet, Kandidat:innen mit den passenden Kompetenzen zu finden, diese zu bewerten und Kontakt aufzunehmen. Damit sind sie in der besten Position, um sich dieser Aufgabe anzunehmen.
In vielen Unternehmen wird es mehrere Jahre dauern, bis sie ihre Ziele für die interne Mobilität erreichen. Auf dem Weg dahin werden sie aber bereits wichtige Meilensteine passieren. Eines dieser kurzfristigen Ziele besteht zum Beispiel darin, ihre internen Richtlinien zu überarbeiten und auf ihre neuen Mobilitätsziele auszurichten."
Jennifer Shappley
Head of Talent Acquisition bei LinkedIn
Prognose 16 | Interne Mobilität und Weiterbildung
Weiterbildungsmöglichkeiten werden zur Voraussetzung für eine diverse Belegschaft
Angesichts signifikanter Kompetenzlücken in Unternehmen überrascht es nicht, dass 81 % der Personaler:innen davon ausgehen, dass die Weiterbildung und Umschulung von Mitarbeiter:innen in den kommenden fünf Jahren eine entscheidende Rolle in der Personalgewinnung spielen wird.
Es gibt aber noch einen weiteren Grund für den zunehmenden Fokus auf diese Bereiche: Arbeitgebern ist bewusst, wie entscheidend Weiterentwicklungsmöglichkeiten zur Diversität und Inclusion beitragen.
Wir haben LinkedIn Mitglieder gefragt, auf welche Weise Unternehmen ihrer Meinung nach unterrepräsentierte Personengruppen besser integrieren sollten. In vielen Ländern, darunter Indien, Brasilien, Italien, Mexiko und Japan, sprachen sich die Mitglieder dabei vor allem für „mehr Möglichkeiten zur beruflichen Weiterentwicklung“ aus.
Früher waren hauptsächlich Qualifikationen ausschlaggebend. Heute legen wir deutlich mehr Wert auf Kompetenzen und Berufserfahrung. Der Fokus verlagert sich. Das ist eine sehr positive Entwicklung und der erste Schritt in Richtung effektiverer und vielfältigerer Teams. Von Unternehmen wird heute erwartet, dass sie ein diverses, inklusives Arbeitsumfeld schaffen, das ihren Kundenstamm widerspiegelt. So lassen sich neue Mitarbeiter:innen gewinnen und bestehende halten. Unternehmen bleibt gar keine Wahl – sie müssen ihren Fokus verlagern.
Alex Fleming
Regional President of Northern Europe bei Adecco
Prognose 17 | Interne Mobilität und Weiterbildung
Weiterbildung wird auch für Kandidat:innen zum entscheidenden Faktor, nicht nur für Mitarbeiter:innen
Wird mich Ihr Unternehmen dabei unterstützen, neue Kompetenzen zu erwerben? Bieten Sie mir transparente Aufstiegschancen? Unterstützen Sie mich auch bei meiner Weiterentwicklung, wenn ich nur wenige Jahre in Ihrem Unternehmen bleibe?
Das ist die Art von Fragen, die Kandidat:innen heute stellen – und die sie in Zukunft wahrscheinlich noch stärker beschäftigen werden. Kandidat:innen werden künftig mehr Wert darauf legen, sich in einem Unternehmen weiterentwickeln zu können. Das gilt insbesondere für die Generation Z, wobei sich dieser Fokus auch in der gesamten Arbeitnehmerschaft beobachten lässt: Auf den Prioritätenlisten der Befragten stehen Aufstiegschancen und Weiterbildungsmöglichkeiten auf den Plätzen 4 und 5.
Zusammengefasst lässt sich festhalten, dass eine Kultur des Lernens und interne Mobilität künftig nicht nur ausschlaggebend dafür sein werden, Mitarbeiter:innen zu halten. Diese zwei Faktoren werden darüber hinaus auch über den Erfolg Ihrer Personalgewinnungsstrategie entscheiden. Weitere Informationen zu aktuellen Weiterbildungstrends finden Sie im Workplace Learning Report 2023 von LinkedIn Learning.
Unternehmen müssen mehr bieten als ein angenehmes Arbeitsumfeld. Sie müssen ihre Mitarbeiter:innen auch beim Erwerb neuer Kompetenzen unterstützen.“
Jade Shi
Employer Branding Manager bei Alibaba
Fazit
Fazit
Die vergangenen Jahre haben uns gezeigt, wie wichtig es ist, auf das Unerwartete vorbereitet zu sein. Manche unserer Prognosen werden vielleicht nicht exakt so zutreffen, wie hier beschrieben. Doch wenn Sie jetzt mit der Vorbereitung beginnen, sind Sie für die anstehenden Veränderungen bestens aufgestellt.
Die Personalgewinnung wird sich verändern und Sie können diesen Wandel mittragen. Personalentscheider:innen sind in der besonderen Position, unsere Arbeitsweisen mitgestalten zu können – und positive Veränderungen für alle anzustoßen.
Die Zukunft des Recruitings gehört denjenigen, die bereit sind, sie zu gestalten.
Methodik
Umfragedaten
LinkedIn Research hat 1.611 Personaler:innen auf Managementebene und höher (1.216 Personaler:innen in Unternehmen, 395 Personaler:innen in Personalagenturen) und 403 Personalentscheider:innen befragt. Bei diesen Teilnehmer:innen handelt es sich um LinkedIn Mitglieder, die anhand der Informationen in ihren LinkedIn Profilen ausgewählt und basierend auf ihren Umfrageantworten qualifiziert wurden. Die Umfrage wurde im Oktober und November 2022 in 20 Ländern und sechs Sprachen durchgeführt.
Informationen zu den Prioritäten von Kandidat:innen sowie ihrer Einstellung zum Thema Inclusion basieren auf der monatlich unter Mitgliedern weltweit durchgeführten Talent Drivers-Umfrage, für die LinkedIn unter anderem im Dezember 2022 20.396 Mitglieder befragt hat. Zur Bestimmung der Prioritäten von Kandidat:innen wurden die Teilnehmer:innen gebeten, „die Faktoren auszuwählen, die ihnen bei der Jobsuche am wichtigsten sind“ und aus einer Liste mit 15 Arbeitgeberversprechen bis zu fünf auszuwählen. Als die Prioritäten, die am deutlichsten an Bedeutung gewonnen haben, wurden jene eingestuft, für die im Zeitraum zwischen Dezember 2021 und Dezember 2022 der größte prozentuale Anstieg verzeichnet wurde.
Insights
Die für diesen Report erhobenen LinkedIn Daten wurden aus Milliarden Datenpunkten der mehr als 900 Millionen LinkedIn Mitglieder in 200 Ländern generiert. Sofern nicht anders angegeben, spiegeln alle Daten die Gesamtaktivitäten der LinkedIn Mitglieder ab 1. Januar 2023 wider. Die Nachfrage nach Personaler:innen wurde basierend auf der Anzahl gesponserter Stellenanzeigen auf LinkedIn für Personaler:innen weltweit gemessen.
Danksagungen
Leitende Personaler:innen aus aller Welt haben mit informativen Interviews einen wertvollen Beitrag zu diesem Bericht geleistet. Unser besonderer Dank gilt:
Naif AlGhamdi, Almarai
Andrew Barnes, 4 Day Week Global
Brett Baumoel, Microsoft
Alex Fleming, Adecco
Pragashini Fox, Thomson Reuters
John Graham Jr., Shaker Recruitment Marketing
Marc-Etienne Julien, Randstad
Stephen Lochhead, Expedia
Chris Louie, Thomson Reuters
Bjorn Luijters, Ahold Delhaize
Jennifer Paylor, Capgemini
Gemma Leigh Roberts, The Resilience Edge
Ruben Santos, Ahold Delhaize
Dan Schawbel, Workplace Intelligence
Lars Schmidt, Amplify
Michaela Schütt, Siemens
Clyde Seepersad, The Linux Foundation
Tana M. Session, TanaMSession.com
Jennifer Shappley, LinkedIn
Jaishree Sharma, Jubilant Pharmova Limited
Jade Shi, Alibaba
John Vlastelica, Recruiting Toolbox
Sophie Wade, Flexcel Network
Andrew White, Microsoft
Elsa Zambrano, NXP Semiconductors
Umfrageergebnisse
LinkedIn Daten
Redaktion und Produktion
Regionale Reports
Australien | Belgien, Niederlande, Luxemburg | Brasilien | Deutschland, Österreich, Schweiz | Global | Frankreich | Indien | Mexiko | Naher Osten und Nordafrika | Südostasien | Vereinigtes Königreich
Branchenspezifische Reports (auf Englisch)
Übersetzte globale Reports
Englisch | Französisch | Niederländisch | Italienisch | Japanisch | Portugiesisch | Spanisch | Spanisch (Lateinamerika)