In 7 Schritten zu einem virtuellen Onboarding-Programm
Kelly Chuck, treibende Kraft bei der Erstellung des Onboarding-Programms von LinkedIn, war Anfang März gerade dabei, Ideen für eine mögliche virtuelle Einarbeitung zu sammeln. Dann erfuhr sie, dass das Unternehmen seine gesamte Belegschaft in der San Francisco Bay Area dazu aufforderte, ab sofort aus dem Homeoffice zu arbeiten. Somit wurde ihr Vorhaben, ein virtuelles Programm für neue Mitarbeiter zu erstellen, deutlich dringender, denn am darauffolgenden Montag sollten bereits einige Personen ihre Tätigkeit bei LinkedIn aufnehmen.
Chuck war bewusst, wie wichtig diese Aufgabe war. Ein effektives Onboarding-Programm steigert nämlich die Produktivität, das Engagement und die Mitarbeiterbindung. Also musste sie herausfinden, wie man erreichen kann, dass sich neu eingestellte Mitarbeiter willkommen fühlen und sich auf ihren neuen Arbeitsplatz freuen, wenn es keine Bürotouren, gemeinsame Mittagessen mit dem Team, keine Werbegeschenke und Kennenlerntreffen mit neuen Teamkollegen gibt.
Kelly Chuck verbrachte drei Tage damit, das eintägige Onboarding-Programm von LinkedIn zu überarbeiten. Dabei holte sie sich auch Tipps und Tricks von ihrem Team und von Kollegen aus aller Welt, die sich der gleichen Herausforderung gegenüber sahen. In Windeseile hatte sie bis zum Wochenende ein einwöchiges virtuelles Programm entwickelt, das 42 Neueinstellungen aus ganz Nordamerika am folgenden Montag durchliefen. Seit Programmstart nehmen Chuck und ihr Team jede Woche auf der Grundlage des Feedbacks der neu eingestellten Mitarbeiter Anpassungen vor.
Sollten Sie in Ihrem Unternehmen aktuell auf Schwierigkeiten bei der Erstellung eines virtuellen Onboarding-Programms stoßen, haben wir hier sieben Taktiken zusammengestellt, die Kelly Chuck und ihre Kollegen angewendet haben und die auch für Sie hilfreich sein könnten:
1. Weiten Sie Ihr Programm aus, damit es sich über mehrere Tage erstreckt
Eine der wichtigsten Entscheidungen, die Kelly Chuck und ihre Managerin, Sara Dowling, getroffen haben, war, das bisher eintägige Programm über eine ganze Woche zu verteilen. „Wir wollten nicht alles in einen vollen, virtuellen Tag umwandeln“, gibt Chuck an, „weil wir nicht sicher waren, wie unsere neuen Mitarbeiter reagieren würden. Immerhin hat sich das Leben zu Hause für sehr viele Menschen stark verändert. Wir waren der Ansicht, dass kürzere Sessions verteilt über eine ganze Woche den Mitarbeitern mehr Flexibilität bei der Arbeit im Homeoffice bieten. Schlussendlich kann man das System auch noch nach Bedarf anpassen.“
Im Unternehmen werden neue Mitarbeiter ja auch nach einem typischen Onboarding vor Ort in ihr neues Büro geschickt, wo sie von ihren Kollegen begrüßt werden, die sie gerne kennenlernen wollen und ihnen das Gefühl geben, willkommen zu sein. Das nun fünftägige Programm sieht einen Plan vor, bei dem regelmäßig Kontakt aufgenommen wird, um sicherzustellen, dass sich die Neuzugänge nicht vernachlässigt oder übersehen fühlen.
Kelly Chuck entwarf also eine fünftägige Einarbeitung, die am ersten Tag mit einer einstündigen Live-Sitzung beginnt. Darin werden die Unternehmenskultur, die Werte und die Produkte vorgestellt. Am fünften Tag endet das Onboarding mit einer offenen Fragestunde mit einem Experten der Benefits-Abteilung, der den neuen Mitarbeitern hilft, ihr Onboarding zu beenden. Zu den weiteren Aktivitäten während der Woche zählen ein Video von Kelly Chuck am zweiten Tag (siehe unten), eine einstündige Sitzung mit einer LinkedIn Führungskraft am dritten Tag und eine virtuelle Schnitzeljagd am vierten Tag, bei der alle „Gegenstände“ in den Online-Ressourcen des Unternehmens gefunden werden müssen.
Die Aufteilung des Onboardings auf fünf Tage trägt einerseits dazu bei, dass die neuen Mitarbeiter am Ball bleiben. Andererseits wird so auch den Personen, die den Prozess begleiten, und den Mitarbeitern, die bei der Produktion der Einarbeitungs-Sitzungen helfen, eine Last von den Schultern genommen, während sie mit Teilnehmern, Videos, Präsentationen, Breakout-Gruppen und Abstimmungen alle Hände voll zu tun haben.
Hier ist ein beispielhafter Ablauf eines fünftägigen Onboarding-Programms:
2. Ein Übermaß an Kommunikation ist nicht möglich
In vollkommen neuen Situationen (so wie sie aktuell für nahezu jeden von uns besteht) fühlen sich die Menschen oft verletzlich. Ein neuer Mitarbeiter kann sich ähnlich ängstlich und unsicher fühlen wie ein Schüler, der die Schule wechselt: Wie kann ich nur je Freunde finden, wo sich die Leute doch alle schon ewig kennen? Hier trägt ein gutes Onboarding-Programm dazu bei, die Nervosität zu lindern und Bedenken zu zerstreuen.
Normalerweise kann die Managerin oder der Manager häufiger am Schreibtisch eines neuen Mitarbeiters vorbeikommen, um zu sehen, wie es ihr oder ihm geht. Und in der jetzigen Situation können Manager über E-Mail, Chat und Videokonferenzen in Verbindung bleiben. Die Kommunikation sollte sowohl das Praktische abdecken (also „Das ist, was Sie heute tun müssen und so funktioniert es“) als auch den sozialen Aspekt.
Neue Mitarbeiter bei LinkedIn hören jeden Tag von Kelly Chuck und ihrem Team. Sie hören auch von ihrem Manager, ihrem Buddy (siehe Punkt 6 unten), dem Techniker-Team (Punkt 3), von Benefits und Talent-Services.
Natürlich sollten Sie Ihre neuen Mitarbeiter nicht überfordern. Sie sollen sich aber willkommen fühlen und sich sicher sein können, dass sie die Werkzeuge und Anweisungen erhalten, die sie brauchen, um erfolgreich in ihren Berufsalltag einzusteigen.
3. Stellen Sie neuen Mitarbeitern jegliche Technologie so schnell wie möglich zur Verfügung
Neue Mitarbeiter bei LinkedIn holen ihre Laptops üblicherweise bei der ersten Orientierungsveranstaltung persönlich ab. Die Mitglieder des Enterprise Productivity Engineering (EPE)-Teams verteilen sie und sorgen dafür, dass die Rechner korrekt konfiguriert sind.
Jetzt werden die Laptops direkt vom Lieferanten an die neuen Mitarbeiter nach Hause geliefert. Anfang des Jahres hatte LinkedIn seine technischen Teams gebeten, es zu ermöglichen, firmenspezifische Software und Programme per Fernzugriff auf die Rechner zu laden. Ashi Sheth, ein leitender IT-Manager bei LinkedIn, erklärt, dass diese Änderung tatsächlich eingeführt werden sollte, um zeitraubende Arbeiten zu automatisieren, die sein Team sonst hätte durchführen müssen. Das Timing war wirklich einmalig.
Wenn neue Mitarbeiter jetzt ihren Firmenlaptop öffnen, können sie die benötigte Software und Programme herunterladen, indem sie einfach die richtigen Zugangsdaten eingeben. Der Download dauert in der Regel etwa eine Stunde und erfolgt im Rahmen einer telefonischen Einzelsitzung, die EPE jetzt für jeden neuen Mitarbeiter anbietet. Danach verbringen EPE-Teammitglieder ein bis zwei Stunden damit, den neu eingestellten Mitarbeitern beim Zugang zum Netzwerk und bei der vollständigen Einrichtung zu helfen.
4. Stellen Sie die Kultur und die Werte Ihres Unternehmens in den Vordergrund
Wenn Sie wollen, dass Ihre Mitarbeiter glücklich und engagiert sind und bleiben, muss die Unternehmenskultur einen Vorzugsplatz bekommen. Eine Umfrage von LinkedIn unter mehr als 3.000 Fach- und Führungskräften sowie Mitgliedern zeigte auf, dass 70 % der Befragten ein führendes Unternehmen verlassen würden, wenn die Kultur schlecht wäre. Etwa 71 % gaben an, sie würden eine Lohnkürzung in Kauf nehmen, um für ein Unternehmen zu arbeiten, das ihre Werte teilt und eine Mission hat, an die sie glauben.
Aus diesem Grund stand für Kelly Chuck bei der Überarbeitung des Onboarding-Programms von LinkedIn die Unternehmenskultur im Mittelpunkt. „Von all den Aspekten, die Teil unseres Arbeitsalltages sind“, sagt Chuck, „sehe ich die größte Begeisterung für LinkedIn zu arbeiten genau dann, wenn wir über unsere Kultur und unsere Werte sprechen.“
Und genau das stellt sie beim Onboarding in den Vordergrund. Am ersten Tag gibt es eine zweistündige Live-Sitzung mit einer Einführung in die Unternehmensvision, die Mission, Werte und Produkte von LinkedIn. Auch auf die Geschichte des Unternehmens wird kurz eingegangen.
5. Gestalten Sie das Onboarding interaktiv, um gleich ein Verbundenheitsgefühl zu erzielen
Bei einem erfolgreichen Onboarding lernen die neu eingestellten Mitarbeiter nicht nur das Unternehmen, sondern auch einander kennen. Als Chuck darüber nachdachte, wie sie das Onboarding neu gestalten könnte, überlegte sie auch, wie es möglichst interaktiv bleiben könnte.
„Wenn Sie Zoom nutzen, können Sie Breakout-Gruppen von drei oder vier Personen bilden“, sagt Chuck, „und das gibt neuen Mitarbeitern die Chance, einander kennenzulernen. Die Breakout-Gruppen finden in regelmäßigen Abständen im Verlauf der verschiedenen Sitzungen statt, so dass neu eingestellte Mitarbeiter Beziehungen zu ihren neuen Kollegen aus verschiedenen Abteilungen aufbauen können.“
Kelly Chuck und ihr Team haben sich diese Möglichkeit zu Nutze gemacht. Wenn Neueinstellungen beispielsweise am ersten Tag alles über die Werte und die Unternehmensvision erfahren haben, teilen sie sich in Kleingruppen auf, um gemeinsam zu besprechen, worauf sie sich am meisten in Bezug auf ihre Arbeit bei LinkedIn freuen. Am dritten Tag, nach der halbstündigen Präsentation des Managements, werden die neu eingestellten Mitarbeiter in Vierergruppen aufgeteilt, um zu besprechen, was sie im Gespräch mit der Führungskraft am meisten beeindruckt hat. In der Gruppe wird dann gemeinsam eine Frage ermittelt, die dem Redner gestellt wird.
Chucks Team richtet außerdem für jeden Zusammenschluss an neu eingestellten Mitarbeitern eine Gruppe auf LinkedIn ein. Dies ermöglicht es ihnen, miteinander in Kontakt zu bleiben und die Beziehungen zu anderen neu Eingestellten zu vertiefen. Diese Gruppe hat einen Moderator aus der Abteilung Learning & Development, der immer wieder Fragen postet, um die Mitglieder zur Interaktion zu bewegen. Der Moderator findet auch Antworten auf alles, was an Fragen offen geblieben ist.
Bei MHS Homes in Grossbritannien werden neu eingestellte Mitarbeiter auf eine Schnitzeljagd im Intranet des Unternehmens geschickt. Sie erhalten anfangs einen Hinweis, z. B. „Wessen Schwiegervater war in einer Band mit einer Nr. 1-Single?“ Dann müssen sie den neuen Kollegen im Firmenverzeichnis ausfindig machen.
6. Betonen Sie die Bedeutung des Hiring Managers und eines ernannten Buddys
Einführungsgespräche zu führen und Laptops zu verteilen sind nur ein Teil der umfassenderen Einarbeitungsbemühungen der meisten Unternehmen. Hiring Manager sind dabei von zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Integration eines neuen Mitarbeiters in das Unternehmen. Auch in der jetzigen Lage hat sich das Tätigkeitsgebiet dieser Manager kaum verändert. Allerdings erfolgen nun alle Aktivitäten online.
LinkedIn stellt Hiring Managern Videos und Ressourcenleitfäden zur Verfügung, in denen erklärt wird, wie sie neue Teammitglieder von der Einstellung bis zu ihren ersten 90 Arbeitstagen erfolgreich an Bord holen.
Schon bevor ein neuer Mitarbeiter seinen ersten Tag antritt, sollte ein Manager eine Reihe Aktivitäten durchgeführt haben. Dazu zählt, den neuen Mitarbeiter willkommen zu heißen, dem erweiterten Team von der Neueinstellung zu berichten, die IT-Abteilung und Gebäudeverwaltung über den Neuzugang in Kenntnis zu setzen (wobei man ja aktuell mit der Einrichtung des Schreibtischs eine Weile warten kann) und ein Teammitglied als Buddy für den neuen Mitarbeiter auszuwählen.
Der Buddy soll dem neuen Mitarbeiter mit einem offenen Ohr und viel Unterstützung zur Seite stehen. Der Buddy und der neue Mitarbeiter treffen sich dann auf einen virtuellen Kaffee oder ein gemeinsames Online-Mittagessen und tauschen Ratschläge und Tipps darüber aus, wie der Hase im Unternehmen läuft. Buddys helfen den neuen Mitarbeitern bei der Navigation durch die unbekannten Gewässer und sind wirklich entscheidend für ein effektives Onboarding.
7. Sorgen Sie für kontinuierliches Lernen und setzen Sie erhaltenes Feedback schnell um
Bei der Abschlussveranstaltung des neuen Onboarding-Programms gibt es eine offene Fragestunde mit einem Experten von der Benefits-Abteilung von LinkedIn. Aber damit ist das Programm noch nicht abgeschlossen. Am Freitag gibt es auch zwei E-Mails von Kellys Chucks Team. In einer wird die Woche zusammengefasst. In der anderen wird um Feedback gebeten.
„Virtuelles Onboarding ist für uns noch Neuland“, heißt es in der zweiten E-Mail, „und wir wollen es für Ihre Kollegen, die in den kommenden Wochen bei uns einsteigen, weiter verbessern.“ In der E-Mail ist ein Link zu einer Slido-Umfrage enthalten, die in weniger als fünf Minuten abgeschlossen ist. In der Umfrage werden die neuen Mitarbeiter gebeten, verschiedene Teile des Onboarding-Programms zu bewerten und bietet zudem die Möglichkeit für offene Kommentare.
„Das qualitative Feedback“, sagt Chuck, „gibt uns die Möglichkeit, das Programm zu verbessern.“
Beachten Sie unbedingt: Der größte Fehler, den Sie im Bereich Mitarbeitererlebnis machen können, ist, um Feedback zu bitten und die Kritikpunkte dann nicht anzugehen.
Abschließende Überlegungen: Jetzt ist definitiv nicht der Zeitpunkt, Onboarding einfach aufzugeben – es ist an der Zeit, die Anstrengungen zu verdoppeln
Der erste Eindruck ist entscheidend. Die Art und Weise, wie Sie neue Mitarbeiter willkommen heißen und sie in Ihr Unternehmen einführen, hat einen enormen Einfluss darauf, wie engagiert diese sind und wie schnell sie ihr volles Potenzial und ihre maximale Produktivität erreichen. Ein Bericht der Boston Consulting Group untersuchte 22 HR-Praktiken und stellte fest, dass sich Onboarding stärker als alle anderen Maßnahmen auf das Geschäftsergebnis auswirkt, abgesehen von effektiver Rekrutierung.
Eine der ersten Handlungen, die Kelly Chuck in ihrem Unterfangen des virtuellen Onboardings durchführte, war die Kontaktaufnahme mit anderen Kollegen weltweit. Orientieren Sie sich bei der Entwicklung eines neuen Programms an den Best Practices anderer. Ihr brandneuer Onboarding-Vorgang kann die Kultur Ihres Unternehmens auch in schwierigen Zeiten hervorragend in den Vordergrund stellen.
Unternehmen mit erfolgreichem Onboarding können sich auf gesteigertes Engagement, eine bessere Mitarbeiterbindung und ein optimiertes Talent-Branding freuen. Und es gibt fast nichts, was Neueinstellungen leichter zu enthusiastischen Unternehmensbotschaftern macht, als wenn Sie ihnen zeigen, dass sich Ihr Team besonders bemüht, damit sie sich willkommen und geschätzt fühlen.
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